Übt eine Person ihre Beschäftigung oder Tätigkeit vorübergehend – für maximal 24 Monate – in einem anderen EU-Mitgliedstaat, in Island, Liechtenstein und Norwegen, in der Schweiz oder im Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland aus, liegt im Sinne der Europäischen Verordnungen zur Koordinierung der sozialen Sicherheit – bei Erfüllung weiterer Voraussetzungen – eine gewöhnliche Entsendung vor. Für die
Dauer der grenzüberschreitenden Erwerbstätigkeit gelten dann weiterhin die deutschen Bestimmungen über die Sozialversicherung. Die Bescheinigung A1 dient hierbei als Dokumentation des anzuwendenden Rechts im Beschäftigungsstaat zur Vermeidung einer Unterbrechung des bisher geltenden Rechts und einer möglichen Doppelversicherung.
Für die Beantragung der Bescheinigung A1 regelt die Durchführungsverordnung (EG) Nr. 987/2009, dass diese vor Antritt der Erwerbstätigkeit im Ausland zu beantragen ist, „wann immer dies möglich ist“. Die Regelung lässt eine nachträgliche Beantragung der Bescheinigung A1 zu. Das BMAS empfiehlt, bei Auslandseinsätzen bis zu sieben Tagen die A1-Bescheinigung nicht im Voraus, sondern im Bedarfsfall nachträglich zu beantragen.
Da einige Staaten – allen voran Frankreich, Österreich, Schweiz und Belgien – zur Vermeidung von Lohn- und Sozialdumping verschärfte Kontrollen durchführen, ist dort eine differenzierte Betrachtung (z. B. Dauer des Auslandseinsatzes, Branche) geboten.
Die auf europäischer Ebene gestellte Anforderung an ein vereinfachtes und beschleunigtes A1-Antrags- und Bescheinigungsverfahren setzte einen unaufhaltsamen und umfassenden Digitalisierungsprozess in Gang. Diesem Auftrag tragen der Gesetzgeber und in der Folge die Träger der Sozialversicherung Rechnung.
Hinweise zum elektronischen A1-Verfahren:
Seit dem 01.01.2022 ist das verpflichtende elektronische A1-Antrags- und Bescheinigungsverfahren um den Personenkreis der Selbständigen (Art. 12 Abs. 2 VO (EG) Nr. 883/2004 i. V. m. § 106a SGB IV) erweitert worden. Arbeitgeber bzw. Dienstherren beantragen die Bescheinigung A1 entweder über eine vorhandene Lohn- oder Entgeltabrechnungssoftware oder mittels einer Ausfüllhilfe in sv.net, wohingegen Selbständige diese – seit dem 01.01.2022 – ausschließlich mittels einer Ausfüllhilfe in sv.net beantragen müssen.
Vor dem Hintergrund der Umstellung auf ein verpflichtendes elektronisches A1-Antrags- und Bescheinigungsverfahren und der bisherigen Erfahrungen weist die Deutsche Rentenversicherung Antragstellende auf folgende Sachverhalte hin: Die Beantragung der Bescheinigung A1 per Papier ist unzulässig und werden ausnahmslos abgewiesen!
Selbständige finden den richtigen Antrag ausschließlich über sv.net Häufig nutzen Personen, die sozialversicherungsrechtlich den Status eines Selbständigen haben, unzutreffend den „A1-Antrag Entsendung“ für Beschäftigte. Das können beispielsweise Mitarbeitende Gesellschafter, Gesellschafter-Geschäftsführer und ähnliche Personenkreise sein, wenn sie sozialversicherungsrechtlich Selbständige sind. Diese Anträge werden derzeit bei Zuständigkeit der Deutschen Rentenversicherung mit dem Ablehnungsgrund 12 „unplausible bzw. unvollständige Angaben“ abgewiesen. Stattdessen ist die Beantragung der Bescheinigung A1 über den „A1-Antrag Entsendung Selbständige“ in sv.net vorzunehmen.
Die Deutsche Rentenversicherung empfiehlt Selbständigen für die Beantragung der eigenen A1-Bescheinigung die Einstiegsfrage in sv.net „Sind Sie selbständig?“ ungeachtet weiterer Hinweise stets mit „ja“ zu beantworten, auch wenn eine Betriebs- oder Zahlenstellennummer vorhanden ist. Der Vorteil besteht darin, dass für die elektronische Antragstellung dann nur noch der zutreffende „A1-Antrag Entsendung Selbständige“ angeboten wird.
Der Antrag auf Ausstellung einer Bescheinigung A1 kann zwar zunächst ohne die Versicherungsnummer der Rentenversicherung gestellt werden, zur Bearbeitung des Antrages wird diese jedoch immer benötigt. Bei Eingang eines Antrages prüft die Datenstelle der Rentenversicherung, ob die angegebene Versicherungsnummer in Verbindung mit den Personendaten zutreffend ist bzw. bei einem Antrag ohne Versicherungsnummer,
ob diese anhand der Personendaten ergänzt werden kann. Sollte eine Versicherungsnummer nicht vorhanden oder das Prüfergebnis nicht eindeutig sein, wird der Antrag mit entsprechendem Hinweis maschinell abgewiesen. In diesem Fall ist vom Antragstellenden zunächst eine Versicherungsnummer zu beantragen.
Für weitere Informationen wird auf den Fragen- und Antwortenkatalog „A1-Bescheinigung – Arbeiten im EU-Ausland“ auf der Internetseite der Deutschen Rentenversicherung hingewiesen.
Quelle: “summa summarum” Ausgabe 4/2022